true lies |
||
Da
Stephan beruflich
zu sehr eingespannt war, mussten wir uns schweren Herzens alleine auf
den Weg nach
Yichang machen, der ersten Etappe unserer Yangzeschifffahrt. Der
erste Eindruck
am nationalen Flughafen in Shanghai/Hongqiao war nicht gerade
vertrauenserweckend. Die haben da extra einen Warteraum für
verspätete Flüge.
Natürlich nicht für die Flüge, sondern
für die Menschen, die auf die Flüge
warten. Aber unser Flieger ging pünktlich und wir wurden auch
wie versprochen
von unserer Reiseleitung in Yichang abgeholt. Yichang ist ein Dorf mit
gerade mal 5 Millonen
Einwohner, ist also eine echte Kleinstadt. Deshalb ist der Flughafen
auch nur
während der Reisesaison geöffnet. Im Winter geht hier
mal gar nichts. Da
wir
noch genügend
Zeit bis zur Einschiffung hatten, besichtigten wir neben einer
Obstplantage
auch noch eine Seidenfabrik. Natürlich ist Suzhou auch
für Seide und für
Stickereien bekannt, aber nichts im Vergleich zu Yichang. Klar, den
Unterschied
haben wir sofort erkannt, ist doch eine ganz und gar andere
Stichtechnik! Dieses
7m lange
gestickte Seidenbild ist in China sehr bekannt, da das Original als
Geschenk
zum 10-jährigen
Rückführungsjubiläum an die
städtische Regierung in HongKong
überreicht wurde. Selbstverständlich
ist die hier verwendete Seide ausschließlich mit
Naturfarbstoffen biologisch
gefärbt. Haben wir sofort geglaubt. Schließlich
sieht man den Endprodukten die
knallgrüne und leuchtendblaue Naturfarbe schon an. Jetzt
aber nichts
wie aufs Schiff. Der Gepäcktransport erfolgte traditionell
chinesisch. Wir
staunen noch immer, wie viel Gewicht so eine einzelne Schulter
verkraften
kann. Unser Kreuzfahrtschiff, die President No 4, war sehr
bemüht, sich von
ihrer besten Seite zu zeigen. Aber wo war der Swimmingpool? Und der
Fitnessraum? Also das ZDF-Traumschiff kommt ganz anders daher. Als wir
die
erste Enttäuschung überwunden hatten, fanden
wir´s gar nicht mehr schlimm. Die
Kabinen waren
sauber und ausreichend geräumig, lediglich die Klimaanlage
barg noch
Verbeserungspotential. Die war zentral gesteuert, lief also nur wenige
Stunden
am Abend und machte dabei mehr Krach als kalt. Entgegen unseren
Befürchtungen
konnten wir aber bei offenen Fenstern schlafen, ohne von Moskitos
gefressen zu
werden und wer braucht dann noch Aircondition? Das
Yangzewasser ist
in diesem Abschnitt überraschend klar und als es nach dem
leckeren Abendessen
auch noch kostenlose Massagen gab, waren wir davon überzeugt,
dass 3 tolle Tage
an Bord auf uns warten würden. Gegen
6
Uhr am
nächsten Morgen legte die President ab und als die Sonne sich
vergeblich durch
den Nebel kämpfte waren wir bereits an der ersten Schlucht,
der Xiling-Schlucht
angekommen. Eigentlich ist das die 3. Schlucht, aber wir waren ja
stromaufwärts, also in Richtung zur tibetischen Quelle,
unterwegs. Die tägliche
Tai Chi Vorführung lockte allerdings nicht die erwarteten
Besucherströme aufs
Sonnendeck. Der
Yangze ist nach
Amazonas und Nil mit 6380 km Länge der drittlängste
Fluss der Welt. Durch schreckliche
Überschwemmungen hat er es immer wieder in die Medien
geschafft. In den letzten
Jahren wird allerdings nur noch über den
Drei-Schluchten-Staudamm berichtet,
Chinas größtes Bauprojekt nach Errichtung der
Großen Mauer und des
Kaiserkanals. In den Schluchten ist das gestaute Wasser um 60
– 90 m gestiegen.
2 Millionen Menschen wurden umgesiedelt, weitere werden vermutlich
folgen,
ganze Städte, auch antike Sehenswürdigkeiten sind im
neu entstandenen See
verschwunden. Weitere Auswirkungen sind unklar. Wir
haben per
Landausflug die Staumauer besichtigt, leider war es noch immer so
neblig, dass
wir kaum etwas erkennen konnten. Unsere lokale Reiseleiterin berichtete
uns
über die extreme Stabilität des Damms und der
Staustufen, die in den
natürlichen Granit der Felsen geschlagen wurden. Bis in
wenigen Jahren wird ein
Schiffsaufzug den kleineren Schiffen die 4 stündige Fahrt
durch die 5
Stauschleusen ersparen. Wir
hörten auch,
dass oberstes Ziel der Staumauer die Flutvermeidung ist. Ja, vermutlich
hat aus
genau diesem Grund Siemens so viel Geld für Turbinen
ausgegeben. Die früheren
Anwohner des fruchtbaren Flusslandes sind selbstverständlich
alle ganz
glücklich, dass sie jetzt auf unfruchtbarem Boden oder eben
gleich in der
Großstadt wohnen dürfen. Wie man sieht,
hörten wir alle gut zu und glaubten
jedes Wort. Während
wir zurück
an Bord das Mittagessen genießen konnten, begann die Einfahrt
in die 5
Schleusen. Sehr beeindruckend, wie so riesige Schiffe auf engstem Raum
eingepfercht werden und für uns überraschend, dass
das Weiterfahren von der
einen zur nächsten Kammer deutlich länger dauerte,
als das Fluten einer Kammer.
Da wir ja stromaufwärts unterwegs waren, mussten wir die
Stufen nach oben
„schwimmen“. Wieviele
Tonnen
Stahl dieser Frachter geladen hat, wird uns auf ewig ein
Rätsel bleiben, dass
es sich dabei um ein Familienunternehmen handelt war allerdings
offensichtlich.
Während Mama und Papa feste arbeiten, flitzt der Kleine auf
und ab. Die
Schwimmweste würde ihn zwischen Schiff und Schleusenwand nicht
wirklich retten.
|
TIC
Weltzeituhr und Klopapier: Nach einiger Zeit in China wundert man sich nur noch über zwei Dinge: über eine korrekte Weltzeituhr und über Klopapier, das an der richtigen Stelle reisst. Also, kein Grund zur Aufregung. |