Eine
kurze Nacht im interessanten Hotelzimmer später haben wir beim
chinesischen Frühstück das Wunder gesehen: Regen.
Hotan hat eine jährliche Niederschlagsmenge von 15mm. Aber
wenn wir Urlaub machen, dann gibts Dauerregen. Da es hier wirklich so
gut wie nie und wenn ja, dann ganz wenig regnet, ist auch niemand
darauf eingestellt. Also werfen wir das Programm heute ein wenig um und
besuchen dafür massenhaft Handwerker der Gegend.
Hotan ist DIE Stadt der Seide schlechthin. Nur hier gibts echte Seide,
nur hier wird noch traditionell Seide hergestellt und alles andere ist
eh nur fake. Und wer hats erfunden? Ok, dann schauen wir uns mal wieder
an, wie Seidenschals gemacht werden. Erstens, Seidenlarven kochen,
zweitens (bei Bedarf) färben......
...... drittens spinnen, viertens zu Webmustern zusammenfassen und
(wieder bei Bedarf) färben, fünftens in den Webstuhl
spannen, sechstens einen grossen Stein als Gegengewicht ranbinden....
...und schliesslich siebtens: Weben. Eigentlich einfach, oder? Ausser
den Mustern ist uns übrigens kein Hotan-spezifischer
Produktionsschritt aufgefallen, nur die Muster sind Hotan typisch und
schon heisst das Ganze "Atlas Seide".
Ach so, natürlich, achtens: Verkaufen. Und da ziehen alle
Marketingtricks der Neuzeit von wegen Naturbelassen,
Ökologisch und so weiter....
Da es wirklich heftig geregnet hat, ist ein Stück des
Flussufers überschwemmt worden. Das war eine Art Volksfest, da
hier in der Gegend der sogenannte Flussjade gefunden werden kann. Am
besten nach einer Überschwemmung. Wer einen solchen Jadestein
findet, der hat für den Rest seines Lebens ausgesorgt.
Aber das war ja erst der Anfang. Seide und Jade haben wir also schon
gesehen, machen wir mit einem wirklich alten und fast ausgestorbenen
Handwerk weiter. Die Herstellung von Seidenpapier. Seidenpapier heisst
so, da als Ausgangsmaterial die Rinde des Maulbeerbaums genommen wird.
Und der ist ja schliesslich die Hauptnahrungsquelle für die
Seidenraupe.
Diese Rinde kommt zusammen mit Wasser und einigen anderen, nicht
näher erläuterten Zutaten in ein Loch. Dort verrottet
die Rinde langsam vor sich hin und verbreitet einen ganz
schönen Gestank. Dann wird die Papier-Roh-Masse auf einen
Rahmen geschöpft, mit einem Handquirl verteilt und nach dem
Abtropfen zum Trocknen aufgestellt. Fertig.
Anfang der 90ger Jahre war ein gewisser Herr Tschudin aus der Schweiz
(und, nicht der mit den Schleifmaschinen) zu Besuch und war so
begeistert, dass er gleich ein Buch über den letzten
Papiermacher der Taklamakan geschrieben hat. Auf Deutsch. Und genau
dieses Buch durften wir bestaunen, nachdem klar war, dass wir so gut
wie aus der Schweiz sind.
Noch ein paar Familienfotos und ein wenig Smalltalk, genauer
nachschauen, wer da alles seine Emailadressen an der Wand hinterlassen
hat und schon sind wir zum Mittagessen geflitzt.
Als nächstes wäre noch ein
Schüssel-Drechsler zu sehen, ob das passt. Oder ob wir im
Regen noch ein wenig durch Hotan spazieren wollen. Nein, dann doch viel
lieber zum Drechsler.
Und wie das so ist, sobald hier ausländische Touristen
auftauchen, kommt die halbe Nachbarschaft zusammen zum Touristen
gucken. Eigentlich ist es ja immer andersrum.
Im Hinterhof haben wir noch das Holzlager und die grossen Maschinen
bestaunen dürfen. Was für Hölzer
hauptsächlich zu Schüsseln verarbeitet werden wissen
wir nicht. Manche sind auf jeden Fall aus Walnuss und die sehen supi
aus. Und auch die "Ausschussschüsseln" aus Stockholz sind
super.
Rechtzeitig waren wir auf dem Flughafen. Stephan hat sich gleich
wohlgefühlt, ist er in der Größe durchaus
mit Oulu zu vergleichen. Es gibt keine Busse zu dem Flugzeug, nein, man
muss selber laufen. Und die Terminals kann man auch nicht verwechseln,
es gibt nur eines. Auf dem Flugplan stehen täglich sage und
schreibe 4 Flüge. 2 mal kommt ein Flugzeug von
Ürümqi und 2 mal geht ein Flugzeug nach
Ürümqi. Alles sehr übersichtlich.
Kurz vor Ürümqi haben die Wolken sich
aufgelöst und uns einen klasse Blick auf die bizarre
Landschaft rund um Ürümqi gegeben. Grün in
mitten der Wüste.
Kaum angekommen haben uns unser neuer Guide und Fahrer empfangen und
direkt zum Essen geführt. Uygurisch. Lamm, Nudeln, Brot,
Yoghurt. Lecker, wir sind wirklich begeistert vom Essen.
Nach dem Einchecken im Hotel haben wir vom Fenster aus eine recht
belebte Strasse gesehen. Sieht aus wie ein Nachtmarkt. Also sind wir
hin spaziert um zu schauen, was da los ist.
Ürümqi ist von über 95% Han-Chinesen
bewohnt. Uyguren und andere Minderheiten findet man nicht so einfach.
So ist auch die Küche auf dem Futtermarkt überwiegend
Chinesisch mit leichtem uygurischen Einschlag. Zum Beispiel die
frischen Nudeln.
Natürlich gibts nicht nur Essen auf dem Markt. Auch Klamotten,
Klappspaten, Obama Socken und Spongebob T-Shirts. Obama ist sowieso ein
beliebtes motiv hier in China. T-Shirts, Socken, Plakate,
überall kann man ihn finden. Mal schauen, wie lange noch.
Morgen gehts weiter nach Turpan. In die echte Wüste, da hin
wo's nicht regnet. Aber das ist wie immer
eine andere Geschichte.....
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Seidenballen...
....vorbereitet
für den Webstuhl......
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