Und weiter gehts. Nach dem Tempel
Besuch bin ich erst mal wieder Richtung Hotel gelaufen. Ich hätte
auch den Bus nehmen können, aber welchen nur. Und richtig Platz
war auch keiner.
In Tamil Nadu, der Provinz hier im Süden Indiens, finden
demnächst Lokalwahlen statt. Wahlwerbung wird hauptsächlich
in den Strassen betrieben und ist ziemlich laut. Nicht jeder lässt
sich davon vom Mittagsschlaf abhalten. Meine Kollegen meinten, dass es
eh schon lange entschieden ist, wer der nächste Provinzverwalter
wird, aber Indien ist stolz darauf eine Demokratie zu sein.
Gleich neben einer Mopedwerkstatt läuft eine Benzin betriebene
Wasserpumpe. So wie die aussieht wundert es mich nicht, warum der eine
oder andere Tourist Probleme mit dem Magen bekommt. Ganz zu schweigen
davon, woher das Wasser kommt.
Auf den Strassen ist immer was los. Da kann man den
Münzfernsprecher verwenden oder unter den wachsamen Augen der
Zuschauer Bambusleitern bauen.
Und natürlich der Essenverkauf. Wer sich keinen Laden leisten will
oder kann, der verkauft direkt vom Ochsenkarren. Natürlich wird
auch hier die Ware entsprechend laut angepriesen.
So, jetzt aber mal zu den Affen. Im Hotel wurde ich ja schon gewarnt,
die Fenster und Türen geschlossen zu halten. Das hat einen echten
Grund. Überall in der Stadt sind Affen unterwegs und stibitzen
sich ihr Futter. Manche recht scheu, die meisten aber recht frech.
Jeder Sack an den Ständen wird auf Nahrung untersucht. Die
Menschen schaun mehr oder weniger lächelnd zu, niemand kommt auf
die Idee, die Viecher mal wegzujagen. Es ist ja schliesslich eine
Reinkarnation von einem der Götter hier. Unglaublich das.
Ganz so schlimm mit dem Glauben an ein neues Leben oder dem Leben nach
dem Tod ist es übrigens doch nicht in Indien. Es gibt Doktoren,
die einem bei Krankheiten weiterhelfen. Ob sie wirklich weiterhelfen
oder manchen Krankheitsprozess beschleunigen, das lass ich mal so dahin
gestellt.
Da ja erst der grosse Feiertag war, sieht man überall noch
geschmückte Fahrzeuge und Busse. Der Schmuck, die Farbe und
sonstiges Obst und Gemüse was noch so verwendet wurde wird
übrigens nicht entfernt. Auch nicht die Farben im Gesicht, die der
Priester grosszügig verteilt wird nicht abgewaschen, das wäre
nämlich ein ganz schlechtes Karma.....
Neben den üblichen Bauarbeiter(innen) sieht der Polizist recht
stressfrei aus. Wahrscheinlich hat er sich schon lange damit
abgefunden, dass der Verkehr in Indien einfach nicht zu regeln ist.
Dafür sind die Kids recht interessiert an dem Ausländer.
Die Reis und Korn Supply Chain funktioniert hervorragend hier. Der eine
Liefert an und aus, der andere ist mehr für den Sales und das
Marketing zuständig. Wie das funktioniert ist gar nicht so
wichtig, wichtig ist nur, dass es funktioniert.
Das Leben in Kancheepuram läuft mehr oder weniger im geregelten
Chaos und ohne Stress ab. Da wird diskutiert und eingekauft wie
überall in der Welt. Warum aber niemand auf die Idee kommt, mal
ein wenig aufzuräumen ist eine andere Frage. Vielleicht fährt
das Auto ja noch, aber einen Tempel Nebeneingang vermutet hinter dem
verfallenen und vermüllten Gebäude wirklich niemand.
Noch habe ich etwas Zeit wegen des Feiertages. Klasse, da gibts noch
massenhaft Tempel zu entdecken. Insgesamt gibt es in Kancheepuram 170
große Tempel und ca. 2000 kleine. Für eine Dorf mit 170.000
Einwohnern gar nicht so schlecht. Die Sonne hat sich herausgewagt, was
ja ganz schön ist ein wenig blauen Himmel zu sehen, aber leider
sind damit auch die Temperaturen wieder auf über 38°C
gestiegen.
Noch ein Beispiel für die Verbundenheit der Fahrer mit ihren
Fahrzeugen. Der eine gibt bekannt, dass das Leben sicher ist, wenn man
sicher fährt. Sein Name ist "Strassen Hai". Hmmm, ok, wieso nicht.
Der andere ist gerade am Fahrzeug putzen, nachdem der "Motor"
gefüttert und versorgt wurde.
Ausser den Kühen und Affen rennen hier auch noch Hunde und Ziegen
rum. Oder besser gesagt: Faulenzen oder fressen sich so durch den Tag.
Ob die Ziegen auch heilig sind? Keine Ahnung, vielleicht, vielleicht
auch nicht. Ziege hab ich noch nicht auf der Speisekarte gesehen.
Manchmal ist es auch schwer zu unterscheiden, ob Fahrzeuge nur geparkt
sind oder ob sie zur letzten Ruhe gelegt worden sind. Ich vermute dass
die drei Dreiräder ihren Dienst hinter sich haben. Der
Stromanschluss dagegen ist brand neu und ernst gemeint. Immerhin ist
ein Zähler installiert worden.
Auf dem Weg zum Tempel kommt man natürlich an Tempel vorbei, wir
sind ja schliesslich in Kancheepuram. Dass es auch sprituelle
Supermärkte gibt war mir neu. Was der Unterschied zu den normalen
ist wurde mir nicht klar. Die Warenangebote sind die Selben und die
Preise scheinen ähnlich zu sein.
So, jetzt bin ich aber langsam am Tempel, um genauer zu sein, an dem
Tempel den ich gesucht habe, den Sri Varadaraja Permual Tempel. Es wird
gesagt, es ist der älteste Tempel hier, etwas über 2000 Jahre
alt. Ausser mir war auch noch ein Priester mit seiner Familie auf dem
Weg dorthin. Die Priester sind leicht zu erkennen in ihren weissen
Wickelröcken und den Weiss Roten Streifen im Gesicht.
Vor Betreten des Tempels heisst es aber erst mal Schuhe ausziehen.
Für eine Rupie (wahrscheinlich der Touristenpreis) gibt man seine
Schuhe ab, bekomme eine Nummer und ziemlich sicher seine Schuhe wieder
wenn man zurückkommt. Bei mir hats geklappt (hmmmm, sieht so aus
als ob ich neue Flipflops brauche....)
Vorbei an den halb offiziell geparketn Mopeds gings durchs Haupttor.
Natürlich kostet es keinen Eintritt, die Tempel sind für
jedermann offen. Allerdings muss man für 5 Rupien eine Fotografier
Erlaubnis kaufen. Zum Glück hab ich keine Videokamera, dafür
werden nämlich 100 Rupien fällig, also immer hin 1,50 Euronen.
Im Tempel selber gibt es verschiedene Hallen und Schreine, wieder wild
durcheinander mit Shiva, Ganesh und zig anderen. Das besondere an
diesem Tempel ist der Teich. Volle 64 Yards tief (immerhin runde 58
Meter), wird er alle 40 Jahre abgelassen. Am Grund befindet sich eine
4.000 Jahre alte Shiva Statue, die dann hochgeholt wird und durch die
Stadt getragen wird. Das letzte mal fand es 1979 statt und zog 10
Millionen Gläubige aus ganz Indien an. Also, nehmt euch für
den Juni 2019 schon mal frei und bucht die Flüge, wenn ihr dabei
sein wollt.
Woher ich das alles weis? Einer der Priester hat mir die Fotografier
Erlaubnis verkauft und mich dann rumgeführt. Er hat mir auch die
Hochzeitshalle erklärt, insgesamt 96 Säulen, alles aus Granit
geschlagen und verziert mit Götterbildern und natürlich dem
Kamasutra. Das ist das nächste Alleinstellungsmerkmal des Tempels,
er ist der einzige in Südindien mit bildlichen Darstellungen
davon. Sonst machen das nur die Nordinder. Ein paar Beispiele sind am
rechten Seitenrand.
Irgendwie war die Informationsflut nicht zu bewältigen. In 45
Minuten hat er mir eigentlich alles in indischem Englisch erklärt
und ich dachte ich kanns mir merken bis zum Hotel. Tja war wohl nix. Da
muss ich eben das nächste Mal nochmal hin und eine Videokamera
mitnehmen. Zurück ins Hotel bin ich diesmal an ein paar Schulen
vorbeigekommen, die man so nicht gleich erkennen kann. Aber es ist ja
alles angeschrieben.
Die letzten Schritte durch das gefärbte Obst hindurch schon bin
ich weider zurück. Ein Brauch des Feiertages ist reife, grosse
Früchte auf den Boden zu schmettern und das Fruchtfleisch mit
roter Farbe einzufärben. Das bringt Glück, Wohlstand und auf
jeden Fall einen riesen haufen Müll auf die Strassen.
Der eigentlich Plan war auf dem Rückweg von Indien in Singapur ein
Wochenende zu verbringen. Aus Singapur ist dann aber Bangkok geworden
und mit meinem verpassten Flug darf ich jetzt dafür 20 Stunden in
Hongkong sein, aber das ist aber wie immer eine ganz andere
Geschichte.......